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JONATHAN STRANGE & MR NORRELL: Auf feenhaften Abwegen

Neil Gaiman sagt auf meiner Ausgabe von Susanna Clarkes JONATHAN STRANGE & MR NORRELL: „Unquestionably the finest English novel of the fantastic written in the last seventy years.“ Als ich das Buch zuschlug und benommen versuchte, meine Gefühle zu ordnen, konnte ich ihm nur Recht geben.

Die Profession des Zauberers ist eine äußerst respektable Beschäftigung für die Herren der Oberschicht im England des 19. Jahrhunderts: In elitären Kreisen versammeln sich ernsthafte Männer, um in endlosen Diskussionen und hochakademischen Essays der Natur der Magie auf die Schliche zu kommen – doch ihre Wissenschaft bleibt eine theoretische. Seit hunderten von Jahren hat es keinen praktizierenden Zauberer mehr gegeben. Ganz britischer Pragmatismus hat man sich damit abgefunden, dass die Situation so ist, wie sie ist. (mehr …)

TOCHTER DER ASCHE: Eine Phoenix in Hamburg

Vor wenigen Wochen, im Oktober, wurden die Gewinner des diesjährigen Deutschen Phantastik Preises bekannt gegeben. Das Buch, das in der Kategorie Bester deutscher Roman gewonnen hat, ist PHOENIX – TOCHTER DER ASCHE von Ann-Kathrin Karschnick. Dank einer wundervollen Wanderbuch-Aktion in einem wundervollen Schreibforum durfte ich den Roman, der bereits im Oktober letzten Jahres erschienen ist, lesen. Die Autorin beschreibt ihren Romans selbst als „Teslapunk-Dystopie-Krimi mit romantischen Ansätzen“ (Quelle: Feathergames) und diese knappste aller Genre-Bezeichnungen trifft es auf den Punkt. (mehr …)

Fantasy-Futter

Ich muss mein Konto wieder in den Minusbereich bringen, deshalb habe ich beschlossen, Bücher zu kaufen. Es wird Zeit, endlich mal wieder die Zähne in richtig saftige Fantasyliteratur zu hauen, dazu noch aus deutscher Küche (fast alle) und sogar recht jung. Soll heißen, über diese Bücher spricht man noch. Ich gehe mit der Zeit! Ich weiß jetzt schon, (mehr …)

NACHTSONNE von Laura Newman: Meine erste selbstverlegte Lektüre

In einer alternativen Zukunft ist das Leben auf der Erde bedroht. Das Ende der Sonne naht und bevor sie erlischt, dehnt sie sich zu einem Roten Riesen aus, der mit seiner Strahlkraft die Temperaturen auf der Erdoberfläche rasend schnell in die Höhe treibt. Seit mehreren Generationen schon lebt ein kleiner Rest der Menschheit in einer ausgeklügelten unterirdischen Behausung, genannt HUB 1, und hat seitdem das Tageslicht nicht mehr gesehen.

https://i0.wp.com/ecx.images-amazon.com/images/I/51OiLAjRbTL.jpgNova ist ein junges Mädchen, dem das Leben vor der Evakuation etwas völlig Unbekanntes ist. Sie fühlt sich aufgehoben im HUB und ist überzeugt davon, dass diese Lebensform für sie und die restlichen fünftausend Menschen in der unterirdischen Siedlung die beste Lösung ist. Ihr behütetes und geordnetes Leben gerät aus den Fugen, als ihr Arbeitskollege Marzellus eine unglaubliche Entdeckung macht: Ein zufällig belauschtes Gespräch lässt vermuten, dass noch weitere HUBs existieren. Das bedeutet, dass die Menschen in HUB 1 möglicherweise nicht die einzigen Überlebenden auf der Erde sind.

Bevor Nova und ihre Freunde dem Gerücht nachgehen können, überschlagen sich die Ereignisse. Ihre heile Welt gerät aus den Fugen, als sie als Verräter vor Gericht gestellt und zu Tode verurteilt werden. In letzter Sekunde gelingt ihnen die Flucht, doch der einzige Weg, ihrer Hinrichtung zu entgehen, führt nach draußen – ins Feuerland.

Wie kam ich zu diesem Buch?

FLUCHT INS FEUERLAND ist der erste Teil der fast abgeschlossenen NACHTSONNE-Chroniken von Laura Newman. Die Bremer Autorin hatte ihr Debüt mit dem Zweiteiler TIME TRAVEL INC., der sich um das Zeitreisen dreht. Für mich war FLUCHT INS FEUERLAND sowohl der erste Roman von Laura Newman als auch der erste einer selbst verlegenden Autorin. Was war ich gespannt!

Über eine YouTube-Buchrezension stolperte ich über das Debüt der Autorin und war gleich angetan von ihrer Art, wie sie ihre Bücher vermarktete. Sie ist gelernte Mediengestalterin und weiß ihr Handwerk zu nutzen. Vom Cover bis zur Autorenhomepage zieht sie in puncto Design die Bewerbung ihrer Bücher professionell und ansprechend auf. Ich gebe zu, ich lasse mich von Äußerlichkeiten – zumindest was selbstverlegte Bücher angeht – schnell locken, oder andersherum gesagt: Ich bin ein ästhetisch pingeliger Mensch und habe kein Erbarmen mit geschmackloser Buchgestaltung. Wie dem auch sei: Ich erwählte FLUCHT INS FEUERLAND als mein Selfpublisher-Testbuch.

Eine reizvolle Idee, die an der Umsetzung scheitert

Das Thema, das NACHTSONNE zugrunde liegt, eine Sonne, die langsam die Erde verbrennt, hat unheimliches Potential für eine rasante dystopische Geschichte. Zu einer repressiven Sozialstruktur, unter der die Protagonisten leiden, gesellt sich eine Naturkatastrophe, vor der es kein Entrinnen gibt. Die Flucht ins Feuerland geschieht also nicht nur vor dem Todesurteil, sondern bedeutet vor allem einen Wettlauf gegen die Zeit.

Ungewöhnlicherweise, aber durchaus passend für actiongeladene Science-Fiction mit einem Schuss Gefühl, erzählt die Protagonistin Nova ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive und im Präsens. Von der ersten Seite an ist man in der Geschichte drin, Informationen gibt es häppchenweise und wenn sie gerade relevant sind. Allerdings hat sich die Autorin mit diesem Stilmittel selbst Steine in den Weg gelegt. Die Art der Erzählperspektive ist alles andere als einfach und verlangt größte Aufmerksamkeit und ein paar erzählerische Kniffe, damit die Geschichte nicht Gefahr läuft, zur Berichterstattung zu werden.

Eine Welt ohne Sinnlichkeit

Das nämlich ist das Problem. Es mangelt am szenischen Erzählen. Es mangelt so stark daran, dass ich behaupten würde, es ist gar nicht vorhanden. Nova, die Erzählerin, erklärt nicht nur ihre Welt, sie erklärt auch ihre eigenen Gefühle, die ihrer Freunde und macht Prognosen zu deren Gedanken. Statt die Figuren und die Geschehnisse durch Handlung für sich selbst sprechen zu lassen, nimmt die Erzählstimme dem Leser alle Möglichkeiten, die eigene Vorstellungskraft einzusetzen.

Dazu kommt, dass wir kaum etwas zu Äußerlichkeiten erfahren. Am Ende des Buchs hatte ich kaum eine Vorstellung vom Aussehen der Figuren und von der Atmosphäre in den HUBs oder im Feuerland. Ich habe weder den Staub des Feuerlands gerochen, noch unter dem künstlichen Licht in HUB 1 gefroren, habe keine Erschöpfung und keinen Schmerz verspürt, nicht das Aroma des gefilterten Wassers oder das eines mehligen Apfels geschmeckt; mir fehlten Numes brennende Tränen um Mailo und Novas Herzklopfen für Joaquim. Wo war die unerträgliche Hitze der riesigen blendenden Sonne, die mich in die Knie zwang und mir die Luft abschnürte? Nichts davon durfte ich erleben. Wie schade, wie unbefriedigend.

Zukunft als Autorin?

Wenn es schon am Wesentlichen hapert, darf man davon ausgehen, dass weitere erzählerische Schwächen, wie blasse eindimensionale Charaktere, ein flacher Spannungsbogen und eine vorhersehbare Handlung, nicht weit sind. Es ist schade um die Idee und um den Aufwand, der betrieben wird, um die Bücher bekannt zu machen. Was die NACHTSONNE-Bücher brauchen, ist eine Rundumerneuerung, eine komplett überarbeitete Fassung.

Bevor Laura Newman also ihre nächste Trilogie veröffentlicht – sie schreibt nämlich recht schnell, wäre ihr geraten, sich zunächst mit dem Schreibhandwerk auseinanderzusetzen, also eine mit literarischen Texten erfahrene Lektorin heranzuziehen und ein paar Creative-Writing-Ratgeber zu wälzen. Ich bin sicher, dass Laura Newman mit etwas mehr Hintergrundwissen zu Regeln und Kniffen des Schreibens, in der Lage wäre, solide unterhaltsame Geschichten zu schreiben. Sonst bleiben ihre Bücher Eintagsfliegen, deren schicke Cover zwar eine erste Schar Leser anziehen, aber inhaltlich schnell vergessen sind.


Laura Newman. Nachtsonne – Flucht ins Feuerland.
Amazon Media EU, 2014.
eBook. 2,99 €.

DIE MOLDAU IM SCHRANK

Nina Maria Marewski gewann 2012 den Seraph der Phantastischen Akademie für ihren Debütroman Die Moldau im Schrank. Das ist schon eine Weile her. Eine Weile ist es auch her, dass ich das Buch las, das durch einen glücklichen Zufall in meine Hände fiel. Ich hatte viel Gutes darüber gehört und auch der Verlagstext hatte mich furchtbar neugierig gemacht, deshalb war meine Freude groß, weil ich glaubte, endlich wieder eine phantastische Perle gefunden zu haben. (mehr …)

Das Mädchen, seine Mutter und Großmutter

Neil Gaimans neuester Streich heißt The Ocean At The End Of The Lane und ist im Sommer letzten Jahres erschienen. Ich habe es mir sofort gekrallt, weil ich Neil Gaimans Arbeiten sehr schätze. Ich bin unschlüssig, ob mir der Kurzgeschichtenband Fragile Things (Zerbrechliche Dinge) oder der Roman American Gods am besten gefällt, aber ich denke, es sind die Fragile Things. American Gods war mein erstes Buch von Neil Gaiman und ich war begeistert, aber Fragile Things hat mir gezeigt, wie intensiv und vielschichtig phantastische Kurzgeschichten sein können. (mehr …)

Der SERAPH 2014

Der SERAPH ist der Preis der Phantastischen Akademie, der jedes Jahr auf der Leipziger Buchmesse in den Kategorien „Bestes Buch“ und „Bestes Debüt“ vergeben wird.
Die tatsächlichen Gewinner hin oder oder her, mich machen alle Shortlistnominierten neugierig und auch ein Blick auf die Longlist lohnt sich natürlich. Mechthhild Gläsers Bücher habe ich nämlich immer noch nicht gelesen, obwohl ich seit Erscheinen darum herumschleiche, das Gleiche gilt für Oliver Plaschkas Romane. Aber ich bin eh eine, die sich selten Neuerscheinungen kauft – aus Mangel an Moneten und weil es so furchtbar viele alte Schätze gibt, die ich noch beackern will. (mehr …)

Papiergeflüster-Podcast

Ich möchte euch ein wunderbares Projekt des Fantasy-Autors Oliver Plaschka und der Buchhändlerin und -bloggerin Simone Dalbert vorstellen. Die beiden haben sich (bisher dreimal) zusammengesetzt, um über das Buch-Business zu plaudern. Bisher ging es dabei um die so aufregenden wie immer noch neuen Entwicklungen in der Online-Welt und wie sie sich auf Autoren, Leser und Buchhändler auswirken. Oliver Plaschka und Simone Dalbert tauschen eigene Erfahrungen und Meinungen zu Themen wie eBooks und Amazon aus, und ich habe ihnen dabei hingerissen zugehört. Vielleicht interessiert es euch auch:

Hier die Verlinkungen zu den bisherigen Podcasts:

Podcast Nummer 1: E-Books und DRM

Podcast Nummer 2: Autoren und ihre Amazon-Verlinkungen

Podcast Nummer 3: Autoren und Rezensionen

Howl’s Moving Breakfast Castle

Ich habe ein dickes Buch rumliegen, das ich immer lesen kann, abends im Bett, in der S-Bahn, die paar Minuten, die ich im Bus sitze, im Wartezimmer … Es handelt sich um THE MAGUS von John Fowles.
Aber das ist kein Frühstücksbuch. Ich brauche ein Früchstücksbuch, um nicht jeden Morgen Sudokus zu lösen. Morgens, um die Träumerei der Nacht noch ein wenig aufrechtzuerhalten, mag ich es, mich in etwas Nettes zu vertiefen. Und weil es nicht der MAGUS sein konnte, musste es ein anderes Buch sein. Mein schläfriger Kopf hat sofort HOWL’S MOVING CASTLE gemurmelt und ich habe einfach getan, was er sagte. Das Buch steht schon eine Weile im Schrank, ich bin auch im Besitz der DVD des grandiosen Animefilms von Hayao Miyazaki, aber den Original-Roman von Diana Wynne Jones hatte ich mir noch nicht zu Gemüte geführt.

Ich habe die ersten Sätze gelesen und Mrs. Jones prompt in meinen Autoren-Olymp erhoben. Wer die Geschichte nicht kennt: Wenn ich durch bin, schreibe ich was zum Inhalt. Jetzt muss ich nur aufpassen, dass ich mich nach dem Frühstück rechtzeitig davon losreißen kann.